Wussten Sie, dass man aus dem Inneren von Maiskolben mit Löwenzahnhonig und Sahne Eiscreme machen kann? Oder aus Erbsenschoten ein delikates Pesto, wenn man Minzblätter, geröstete Walnüsse und Käse zufügt? Was im ersten Moment nach den Geheimrezepten eines Nobelrestaurants klingt, besteht bei genauerer Betrachtung vor allem aus Zutaten, die wir üblicherweise in die Tonne werfen – und nicht unbedingt in den Kochtopf. Nahezu die Hälfte der meisten Obst- und Gemüsesorten landet nämlich im Abfall, weil wir Strünke, Schalen oder Wurzeln ungenutzt entsorgen. Für Autorin Bernadette Wörndl ein absolutes No go. Während ihrer Kindheit auf einem niederösterreichischen Bauernhof hat sie gelernt, wie viel Arbeit hinter selbst angebauten Kartoffeln oder Möhren steckt und dass sich beinahe jeder Teil einer Pflanze in leckere Speisen verwandeln lässt. Dieses Wissen, dass die junge Frau mittlerweile durch ein Jahr als Köchin in San Francisco vervollkommnet hat, gibt sie nun in ihrem ungewöhnlichen Buch weiter. Wer sich auf die originellen Rezepte einlässt, schont nicht nur Ressourcen und spart Geld, sondern lernt obendrein auch völlig neue Geschmackserlebnisse kennen – etwa das würzige Aroma von püriertem Karottengrün oder den sommerlichen Kick kandierter Gurkenschalen mit frischer Minze.
Auch optisch ein Leckerbissen
Sehr praktisch ist auch die Struktur des Buches, denn in den vierzehn Kapiteln werden die Zutaten nach ihrer alphabetischer Reihenfolge vorgestellt. Los geht’s mit Apfel, Aprikose, und Artischocke, während Zitronen und Zucchini den logischen Schlusspunkt bilden. So findet man auf Anhieb das gesuchte Obst oder Gemüse, ohne erst umständlich im Register nachschlagen zu müssen. Jedes Kapitel beginnt mit einem kurzen Einleitungstext, in dem die Autorin nicht nur kurz alle in diesem Abschnitt vorkommenden Lebensmittel charakterisiert, sondern die Infos zum Teil auch mit persönlichen Erinnerungen dazu würzt. Danach folgen die Rezepte mit einer kleinen Symbolleiste unter dem Titel, an der man auf den ersten Blick erkennen kann, welche Teile der Pflanze darin verwendet werden. Auch optisch hat sich das Buch in Schale geworfen: Die meist ganzseitigen Fotos sind ein wahrer Augenschmaus. Selbst simple Pfirsiche oder ein Kürbis werden so liebevoll künstlerisch in Szene gesetzt, dass man schon beim Betrachten ein ganz anderes Gefühl von Wertschätzung dafür empfindet.
Fazit: Voll unser Geschmack
Bernadette Wörndl beweist mit ihrem Kochbuch eindrucksvoll, dass sich hinter dem, was wir bislang für Küchenabfälle gehalten haben, oft kulinarische Schätze verbergen. Schon beim Blättern in dem wunderschön gestalteten Werk möchte man am liebsten sofort die Schürze umbinden und loslegen, um all die neuen Geschmackswelten zu erkunden. Einziger, klitzekleiner Kritikpunkt: Ab und zu sind Rezepte eingestreut, in denen gar keine Reste vorkommen, sondern in denen lediglich welche anfallen – mit dem Verweis, dass man diese Überbleibsel aufbewahren und später anderweitig verarbeiten kann. Andererseits machen genau diese kleinen Seitensprünge das Buch schon wieder sympathisch. Schließlich sollte man nichts im Leben allzu verbissen sehen!
Bernadette Wörndl: „Von der Schale bis zum Kern. Vegetarische Gerichte, die aufs Ganze gehen“, Christian Brandstätter Verlag, 208 Seiten, 29,90 Euro.
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